Was für ein Moment. Sechs Minuten vor Spielende. Die Mädchen der E1 liegen mit einem Tor hinten. Teresa läuft links an, tritt einen Eckball hoch vors Tor. Victoria springt am besten. Sie köpft. Unhaltbar fliegt der Ball ins rechte obere Toreck. Ausgleich. Die Wacker-Fan-Eltern am Spielfeldrand jubeln glücklich über eine großartige Aufholjagd ihrer Mädchen und fast hätte es für ein gutes Ende gereicht. Fast...
Nach dem Abpfiff sagte Trainerin Christin: "In diesem Spiel war alles drin: In Führung gehen, zurück liegen, wieder aufholen."
Sie schickte Samstag früh Amalia, Antonia, Aldina, Berit, Jule, Nicole, Teresa, Victoria, Giulia, Ruth und Luisa auf den Wacker-Platz. Gegner war die SpVgg Thalkirchen, dritte E-Jugend-Mannschaft. Drei Siege bis dahin, zwei Unentschieden, zwei Niederlagen. Schwer zu sagen, was von ihnen zu erwarten war.
Die ersten Chancen holten sich die Mädchen. Antonia kam an den Ball, als die Jungs-Abwehr pennte. Abgewehrt. Teresa eroberte links außen den Ball vom letzten Verteidiger vor dem Tor. Gegen ihren Angriff war der Torwart chancenlos. Sie verwandelte zum 1:0 in der 3. Minute. Der Thalkirchen-Trainer rief seiner Mannschaft schon laut "Aufwachen!" zu. Die zeigten ihm, zu was sie in der Lage waren. Vom Anstoß aus griffen sie über links an. Die Wacker-Abwehrspielerinnen ließen der Nr. 8 zu viel Platz. Er lief weit in den Strafraum und traf. Das 1:1 in der 4. Minute. Das war in 60 Sekunden das ganze Spiel wie in einem Brennglas gebündelt: schnelle Spielzüge, viele Torchancen, noch mehr Angriffe, nicht ganz so viel Abwehr. Übers ganze Spiel verteilt trafen Mädchen und Jungs jeweils vier Mal Latte oder Pfosten.
Den nächsten Treffer landeten wieder den Mädchen. An der Strafraumgrenze erkämpfte sich Berit den Ball. Ihren Schuss aus acht Metern konnte der Torwart nicht festhalten: Das 2:1 in der 8. Minute.
Es war aber schnell klar, dass auch diese Führung nicht leicht zu halten war. Die Jungs-Mannschaft spielte schnell, mit kurzen Pässen – genau das, was Wacker auch will. Sie hatten starke Tricks auf Lager. Links außen legte ein Stürmer seinem Mitspieler den Ball sogar mit einem Hackentrick in den Laufweg. Jule, Nicole und Luisa in der Abwehr verrichteten Schwerarbeit und oft genug mussten die anderen mithelfen. In der 13. Minute warf sich Torhüterin Amalia zum ersten Mal mit Einsatz einem Angreifer der Jungs vor die Füße.
Eine Minute später half kein Einsatz mehr. Über rechts stürmte Thalkirchens Nr. 11. Er schoss aus unglaublichen zwölf Metern fast von der Eckfahne aus. Treffer! 2:2 in der 14. Minute. Das Chancenfestival ging weiter. Ruth (15. Minute), Berit (24. Minute) und Aldina (24. Minute) scheiterten vor dem Tor. In Mittelfeld und Abwehr wurden die Mädchen allerdings ein bisschen unordentlich. Oft ließen sie einem Angreifer einen Schritt zu viel Platz. In der 17. Minute lenkte Amalia noch einen Schuss über die Latte. In der 18. Minute standen gleich drei Thalkirchen-Spieler allein vor ihrem Tor. Die drei konnten sich aussuchen, wer treffen durfte. Es stand 2:3, der erste Rückstand für den FFC. So ging's in die Pause.
Die zweite Halbzeit begann mit Glück und Pech für die Mädchen. Erst trafen die Jungs wieder mal nur die Latte (23. Minute), dann rutschte Amalia ein Weitschuss aus dem Mittelfeld durch die erhobenen Hände. Es stand 2:4 in der 28. Minute. Plötzlich zwei Tore Rückstand, das war leicht frustrierend. Aber ausgerechnet jetzt kamen die Mädchen so richtig aus der Höhle. Start-Moment waren zwei Riesenparaden von Amalia. Mit dem rechten Fuß wehrte sie blitzschnell einen Schuss aus drei Metern ab (34. Minute). Mit einem Hechtsprung klärte sie einen Schuss von der Strafraumgrenze (36. Minute). Nach vorne bedienten Teresa und Jule ihre Mitspielerinnen präzise. Oft die Empfängerin: Giulia. In der 37. setzte sie sich auf der rechten Seite durch. Sie zog aus vollem Lauf ab und traf zum 3:4. Eine Minute später gelang ihr fast dasselbe. Der Schuss ging knapp links am Tor vorbei. Kurz darauf ließ sie mit einer Körperdrehung ihren Gegenspieler noch einmal stehen. Sie passte scharf vors Tor. Ruth war dran, kam aber nicht mehr an den Ball (40. Minute).
Trainerin Leonie nach dem Spiel: „Wir haben ein tolles Konterspiel gemacht. Teresa hat bestimmt zehn Pässe aus der Tiefe gespielt.“
Und plötzlich gab’s wieder einen ernüchternden Tiefschlag. Einer der seltener werdenden Angriffe der Jungs lief über rechts. Die Flanke flog genau vors Tor. Da stand Nicole allein gegen einen Stürmer. Sie versuchte ihn am Schuss zu hindern. Großes Pech: Von ihrem Fuß sprang der Ball ins Tor. Das 3:5 in der 41. Minute.
Die Mädchen behielten die Nerven. In der 43. Minute wurde Victoria im Thalkichener Strafraum von hinten gestoßen. Freistoß. Nach der Ausführung landete der Ball erst mal in der Mauer. Im nachfolgenden Getümmel war Victoria am schnellsten. Aus der Drehung versenkte sie den Ball im Netz. Es stand nur noch 4:5. Eine Minute später hatten Teresa und Victoria ihre große Szene. Ecke, Kopfball, Ausgleich. In der 44. Minute stand es 5:5.
Gerecht, hätten alle Zuschauer gesagt. Aber sie spielten ja nicht mit, sie hofften nur. Die letzte Minute: Ein langer Ball der Thalkirchner erreichte die Strafraumgrenze des FFC. Ein Stürmer gegen eine Abwehrspielerin. Er nahm den Ball, hielt sie mit der Schulter auf Abstand. Eine Drehung, ein Schuss, ein Treffer. Dieses elfte Tor bedeutete das 6:5 für die Jungs. Für eine neue Aufholjagd war es zu spät. Thalkirchen siegte.
Wolfgang Ranft